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Japan, die Gesellschaft und das Virtual Life

Japan ist ein faszinierendes Land. Für viele Menschen, die sich für Kulturen anderer Länder interessieren – gehört Japan zu den Favoriten, besonders bei der jüngeren Generationen. Es ist ein großartiges und hochmodernes Land, in welchem zugleich viel Raum für dutzende Bräuche und Traditionen zu finden sind. Zwischen strengen Sitten, Disziplin und der kreativen Freiheit welche das Land zu bieten hat. Besonders erstaunlich ist auch, dass das Land eine sehr geringe Kriminalitätsrate vorweisen kann. Laut visionofhumanity steht Japan seit 2008 in den Top 10 der sichersten Länder der Welt – vor wenigen Jahren lag sie in den Top 5 der sichersten Länder.

Japan – Gesellschaft und Leben

Doch auch Länder wie Japan sind nicht vor diversen Gesellschaftlichen Problemen geschützt. So könnte man fast behaupten, dass sich das Land in einem noch stärkeren sozial-gesellschaftlichen Umbruch befindet. Durch die sehr hohen Anforderungen in diversen Schulen und Arbeitsstellen, wird vielen Menschen nur wenig kreativer Spielraum gelassen, um ihr Leben zu gestalten. Obwohl die japanische Regierung vor vielen Jahren, aufgrund der hohen Belastung vieler Kinder, den Schulpflichtigen Samstag gestrichen haben, brachten die Eltern ihre Kinder weiterhin in diverse Privatschulen oder besondere Einrichtungen, damit ihre Kinder es einfacher habe, in einem großen Unternehmen einzusteigen. Denn was zählt, ist die Bereitschaft sich aufzuopfern.

Japan und Gesellschaft

Daher dürfte es somit kein Geheimnis sein, dass durch diese Tatsache viele Japaner nicht ganz zufrieden sein könnten mit ihrem Leben. Tatsächlich bestätigt sich diese Vermutung in diversen Statistiken, dass Japan auf Platz 9 mit den höchsten Selbstmordraten Weltweit ist. Die Tendenz ist zwar dank diverser Maßnahmen rückläufig, liegt aber weiterhin deutlich über dem angestrebten Schnitt.

Von der Gesellschaft zurückgezogen

Leider ist das nicht das einzige Problem, womit die japanische Gesellschaft zu kämpfen hat. Durch die rasche Digitalisierung und Vernetzung der Menschheit, kommt ein weiteres Problem, welches die Gesellschaft womöglich sogar noch mehr zurückwirft. Die Rede ist von sogenanntem “Virtual Life”. Denn im Vergleich zu anderen Ländern dürfte es besonders jüngere Generationen freuen, dass “Virtual Life” und sogar Mixed Reality in Japan gut eingeschlagen ist. Das dürfte allerdings bei Dutzenden Eltern ein mulmiges Gefühl hervorrufen, welches in Ängste und Sorgen umschlagen kann, da dass Gesellschaftliche Problem der Sozialen Ausgrenzung in Japan ein noch grösseres Problem werden könnte. Sogenannte “Hikikomori”, was übersetzt auch Sinngemäß “sich einschließen” oder der “gesellschaftliche Rückzug” bedeutet, kann durch die immer höheren technologischen Fortschritte immer mehr Menschen mit Sozialen Schwierigkeiten dazu veranlassen, sich nicht aus dem Haus zu wagen.

Aus einem Bericht aus 2015 von IrishTimes schätzt die Regierung zufolge rund 700.000 Betroffene in Japan, wobei die Dunkelziffern noch viel höher sein könnten. Die Gründe für den “Sozialen Rückzug” sind vielfältig. Das reicht von Mobbing, Angstzustände, Stress, bis hin zu Versagensängsten und Leistungsdruck. Besonders im Bereich Mobbing, verzeichnete japantimes.co.jp 2016 insgesamt rund 320.000 Fälle, die sich in allen Schulen wiederfinden.

Gut ausgebildet, super Zeugnisse, lehnt Arbeit ab

Nicht alle sind allerdings sogenannte “Hikikomori”. Viele von ihnen haben sich erst dazu entwickelt, als sie zu einem “NEET wurden”. NEET bedeutet “Not in Education, Employment or Training”. So wird eine Gruppe von jungen Erwachsenen bezeichnet, die keinerlei Arbeit nachgehen und diese auch nicht demnächst anstreben möchten. Laut der japanischen Regierung existieren in Japan nach Stand von 2008 rund 640.000 Menschen.

Wobei jedoch gesagt werden muss, dass es auch viele Menschen gibt, die freiwillig die Aufnahme von Arbeit ablehnen und ihr Unterhalt von den Eltern finanziert wird. Die Ablehnung von Politischer Bildung und Erwerbstätigkeit scheint in Japan ein immer größer werdender Trend zu werden. Obwohl viele dieser NEETs in Wahrheit Top ausgebildet sind, Universitäten besucht haben und ein hervorragendes Zeugnis vorweisen könnten. Wir empfehlen an dieser Stelle den ARD-Podcast über “Generation Y: Japan”.

Die Bevölkerungszahl in Japan ist zwar im Verhältnis der Zahl der jungen NEETs nur geringfügig, doch im Anbetracht der problematisch niedrigen Geburtenzahlen in Japan ein großes Problem, weswegen die japanische Regierung in Fördermaßnahmen investiert, um diese Zahl zu dezimieren. Doch die strenge Hierarchie innerhalb der japanischen Kultur zwingt viele Menschen, sich in die Gesellschaft einzubringen und sich für Firmen aufzuopfern. Nach dem Podcast entsteht hierdurch eine starke Vereinsamung vieler Menschen, die Bildung von “Einzelkämpfern” ohne viele Freunde. Schaffen sie es nicht, stößt man sich von der Gesellschaft ab. Sie werden zu NEETs oder ziehn sich aufgrund von Angstzuständen und Depressionen vollständig von der Gesellschaft zurück. Als “Hikikomori”.

Virtual Reality – könnte es das Problem verschlimmern?

Durch die fortschreitende Technologie und der Entwicklung von “Virtual Reality” könnte es laut IrishTimes die Sozialprobleme in Japan deutlich verschlimmern. Da viele Menschen, die sich in ihre Wohnung zurückgezogen haben, von dem “Virtual Reality-Boom” in Japan “profitieren”, können die Menschen immer mehr im Internet miteinander kommunizieren und sich treffen. Treffen im “Real-Life” werden noch weniger Leute tun. Was sich womöglich wie ein echter Sci-Fi-Film anhört, könnte in Japan schon fast real werden. Dies betrifft allerdings wie schon erwähnt nur die Leute, die ohnehin nicht mehr aus ihrer Wohnung kommen oder es als “neuen Zufluchtsort” sehen.

Doch auch viele junge Erwachsene sehen in dieser Spielerei weitaus mehr, als eine Art “Second Life”, was einem viel mehr Kreative Entfaltungsmöglichkeiten anbietet. Erst kürzlich berichteten wir über einen Werbeaktion eines Spielentwicklers, mit dessen Hilfe es möglich ist, seinen favorisierten Protagonistin aus einem Computerspiel zu “heiraten” – vor einem echten Altar.

Ganz gleich also, welche unglaublichen Vorteile Virtual Reality bietet (z.B. in Bildung, Forschung & mehr), so kann das eine Gesellschaft nachhaltig verändern. Das betrifft allerdings auch Online-Spiele. MMO-Spiele, wie man sie kennt – gibt es in Japan eine große Auswahl. Viele davon sind natürlich auch kostenlos. Keine große Sache. Doch wird man von der Gesellschaft fallen gelassen, gehören Computerspiele zu einer der Faktoren, die die Ausbreitung seines Sozialen Problemes noch verstärken können.

Kostenlose Spiele, Online-Sucht – Rechnungen

Die meisten der Betroffenen, die in diese “Online-Sucht” gefallen sind, sind laut japantoday.com oft Mittel- oder Oberschüler. Es wird über einen der Betroffenen berichtet, der diese “Spielesucht” hat. Angefangen mit kleineren Mobile-Games in der Mittelschule, um einfach die Zeit zu überbrücken, veränderte das ganze und gar auch sein Leben. Eines der Hauptprobleme dieser Spiele ist die Kostenfreie Verfügbarkeit. Obwohl diese Spiele kostenlos sind, finden Unternehmen Mittel und Wege, für besondere Items einen Anreiz zu schaffen, dass der Spieler trotzdem Geld hierfür investiert. Diese “Sünde”, in ein Spiel Geld zu investieren um etwas “cooles” herauszubekommen, kennen die meisten jungen Menschen und meist bleibt es auch bei einer “kleinen Spende”. Die Person gab allerdings bereits als Oberschüler rund 80.000 Yen im Monat aus. Das entspricht rund 600 Euro. Diesen hohen Betrag finanzierte er, in dem er in diverse Teilzeit-Jobs neben seiner Schule arbeitete. Auch Geldgeschenke zu einem besonderen Anlass wie etwa in Höhe von 100.000 Yen (750 €) wurden in nur wenigen Tagen ausgegeben.

Als allerdings eine Rechnung in Höhe von 50.000 Yen ins Haus flatterte und die Eltern das mitbekommen haben, hatte er bereits weit über 1 Mio Yen (7.540 €) in Online-Spielen ausgegeben. Wenngleich er einige Versuche unternommen hatte, mit dem Spielen aufzuhören – wurde er allerdings immer wieder “rückfällig”. Das ganze ging soweit, dass man sich nur noch zurückzog in die “Virtuelle Welt”. Denn aus der Virtuellen Welt hat man jenes bekommen, was einem im “Realen Leben” fehlte: Erfolge. Fortschritt. Man interagiert mit gleichgesinnten. Eben Dinge, die im “wahren Leben” undenkbar wären. Diese Menschen wurden “fallen gelassen” und können sich nicht mehr von eigener Hand in die Gesellschaft integrieren, weswegen es Einrichtungen gibt, die sich mit diesen Fällen beschäftigen.

“Spielend” in die Gesellschaft zurück?

Maplus Chibi Game

Neben den zahlreichen Institutionen in Japan, gibt es viele Spiele, die die Personen raus in die frische Luft bringen – wenn es auch nicht in dem Sinne so geplant war. Ähnlich wie “Pokemon GO” für Android und iOS, in welchem Spieler praktisch gezwungen sind raus zu gehen und “Pokemons” zu fangen, erscheint demnächst die sogenannte App “Maplus++”. Hierbei handelt es sich um ein Spiel mit einer Auswahl von mehreren niedlich-dargestellten Anime-Protagonistinnen.

Um eine Auswahl überhaupt zu ermöglichen, müssen die Spieler an echte Orte reisen und bestimmte Sehenswürdigkeiten besuchen, um sogenannte “Love Bits” zu sammeln. Mithilfe der Love Bits lassen sich schließlich weitere Charaktere freischalten, um dann mit ihnen auf unterschiedliche Weise interagieren zu können. Beispielsweise müsstest du das lokale Krankenhaus besuchen, um deine Love Bits zu bekommen. Dann das nächste größere Restaurant. Die nächsten Supermarkt-Kette. Vielleicht den nächsten Spielplatz. Eine Variante, die die Personen nicht nur raus bringt – sondern auch eine Methode sich bestimmte Standorte zu merken. Auch wenn Pokemon GO nicht für jeden etwas ist, ist Maplus++ schon eher etwas, gerade wenn man auf Animes steht.

Die Story der kommenden Anime-App, die bereits Anfang 2017 von Edia angekündigt wurde, ist paradoxerweise ähnlich, wie das aktuelle tatsächliche Problem in Japan: Aufgrund der VR gibt es zahlreiche Unfälle in Japan. Die Mädchen müssen also zurückgeholt werden, in dem man eben jene Love Bits sammelt. Womöglich lassen sich also auf diese Weise tatsächlich der ein oder andere zurückholen – für die es vielleicht noch nicht ganz zu spät ist.

Animes über Hikikomori und Spielesucht

Denkt man an Anime und Hikikomori, ist es klar dass viele an dem Anime NHK ni Youkoso! (Welcome to the NHK) denken. Der Hauptprotagonist ist ein von der Gesellschaft zurückgezogener Mensch, der sein ganzes Leben in seiner Wohnung verbringt, die zum Teil auch vollgestellt ist mit Leeren Verpackungen und Müll. Vom Fernseher schauen, Tagträumen und nichts tun. Nur nachts, und auch in sehr unregelmäßigen Abständen geht er zum Einkaufen in das nächstbeste Geschäft. Bis er eines Tages auf Misaki trifft.

Weitere Animes, in welchen es zumindest um Spielesucht geht – sind Btooom!, wenn auch zumindest nur die ersten Szenen davon handeln. Ryota ist ein echter Pro-Spieler. Allerdings verbringt er den ganzen Tag mit zocken. Interaktionen mit anderen Menschen außerhalb des Spieles lehnt er ab. Er besitzt keine Arbeit, und beschimpft seine Mutter – nur um in Ruhe spielen zu können. Wenn er auch nicht unbedingt ein Hikikomori ist, ist er dennoch ein NEET.

Auch in der aktuellen Season läuft der Anime Net-juu no Susume (Recovery of an MMO Junkie), in welchem es sich um die Hauptprotagonistin und NEET Morioka Moriko handelt, die sich entschlossen hat ihre Arbeit aufzugeben und ihr Erspartes in ein MMO zu investieren.

Fazit

Wir hoffen, dass euch dieser kleine Einblick in die Probleme der Sozialen Gesellschaft und über die Probleme von Sucht in Spielen in Japan zugesagt hat. Wenn euch der Beitrag gefallen hat und ihr euch wünscht, dass wir ein wenig näher ins Detail gehen, würden wir uns auf eure Feedback freuen! Wenn ihr allgemein mehr über Problematiken oder auch Bräuche und die Kultur von Japan erfahren möchtet, lasst es uns wissen! Wir finden bestimmt einige interessante Dinge, welche ihr noch nicht wusstet.

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[…] und Neuem doch relativ eingeschränkt sind bzw. sich so fühlen – auch wenn eine sogenannte “Generation-Y”-Bewegungen in Japan momentan ihren Lauf […]